Die Lagerung von Wein ist ein faszinierendes Thema, das sowohl unter Kennern als auch unter Genussmenschen regelmäßig diskutiert wird. Manche Flaschen scheinen mit der Zeit an Wert und Geschmack zu gewinnen, während andere schnell an Frische und Qualität verlieren. Aber kann man durch Lagerung einen Wein tatsächlich verbessern? Und wenn ja, was braucht es dafür? In diesem Artikel schauen wir uns die Fakten, Mythen und Kuriositäten rund um die Weinlagerung an.
1. Welche Weine eignen sich zur Lagerung?
Nicht jeder Wein wird durch Lagerung besser. Tatsächlich sind die meisten Weine, die man im Supermarkt oder Fachhandel kauft, für den unmittelbaren Genuss gedacht. Etwa 90 % aller Weine sind dafür konzipiert, innerhalb der ersten drei bis fünf Jahre getrunken zu werden. Besonders leichte Weißweine und einfache Rosés verlieren eher an Qualität, wenn sie zu lange gelagert werden. Doch es gibt Ausnahmen:
Rotweine: Tanninreiche Rotweine, wie Bordeaux, Rioja, Ribera del Duero, Barolo oder Brunello di Montalcino, profitieren oft von einer längeren Reifezeit. Tannine wirken als natürliche Konservierungsstoffe, die dem Wein Struktur verleihen und im Laufe der Zeit weicher und runder werden.
Edelsüße Weine: Weine wie Eiswein, Sauternes oder Tokaji besitzen einen hohen Zuckergehalt, der als Konservierungsmittel wirkt und den Wein über Jahrzehnte hinweg stabil halten kann.
Premium-Schaumweine: Hochwertige Champagner oder Cava können mit der Zeit an Komplexität gewinnen, insbesondere dann, wenn sie unter den richtigen Bedingungen gelagert werden.
2. Was passiert bei der Reifung von Wein?
Wenn Wein altert, findet eine Vielzahl chemischer Prozesse statt. Diese betreffen vor allem die Aromen, die Textur und die Balance zwischen Süße, Säure, Tanninen und Alkohol. Im Laufe der Zeit verschmelzen die verschiedenen Komponenten und der Wein wird harmonischer.
Tannine: Sie verlieren an Härte und entwickeln eine samtigere Textur. Dies gilt vor allem für kräftige Rotweine, deren Tannine in der Jugend oft als streng oder bitter empfunden werden.
Aromen: Frische Fruchtaromen, die man in jungen Weinen findet, weichen im Alter komplexeren Nuancen wie Tabak, Leder, Waldboden oder getrockneten Früchten. Man spricht hierbei oft von sogenannten „Sekundär- und Tertiäraromen“.
Farbe: Weißweine dunkeln mit der Zeit nach und gehen ins Goldene über, während Rotweine ihre Farbpigmente verlieren und eher ins Bräunliche wechseln.
3. Die richtige Lagerung – Der Schlüssel zum Erfolg
Damit ein Wein von der Lagerung profitieren kann, müssen die Bedingungen stimmen. Der größte Feind des Weins ist eine falsche Lagerung. Hier sind die wichtigsten Faktoren:
Temperatur: Der Wein sollte idealerweise bei einer konstanten Temperatur von 10-15 °C gelagert werden. Starke Temperaturschwankungen schaden dem Wein und können ihn schneller altern lassen.
Luftfeuchtigkeit: Eine Luftfeuchtigkeit von 60-70 % ist optimal, um zu verhindern, dass Korken austrocknen und Luft an den Wein gelangt.
Licht: UV-Strahlen können den Wein chemisch verändern und schädigen. Deshalb sollte Wein immer an einem dunklen Ort gelagert werden.
Position: Flaschen mit Korkverschluss sollten liegend gelagert werden, damit der Korken nicht austrocknet und schrumpft. Flaschen mit Schraubverschlüssen können stehend gelagert werden.
4. Kuriose Fakten und Mythen rund um die Weinlagerung
Weine altern nicht endlos: Auch wenn manche Weine Jahrzehnte reifen können, erreicht jeder Wein irgendwann seinen Höhepunkt. Danach verliert er an Qualität. Der Mythos, dass „je älter der Wein, desto besser“, stimmt also nicht immer. Es ist ein Balanceakt zwischen Geduld und dem richtigen Zeitpunkt zum Öffnen.
Weißwein lagern? Ja, aber...: Weißwein wird oft als eher kurzlebig betrachtet. Es gibt jedoch Ausnahmen wie Rieslinge oder weiße Burgunder, die durch Lagerung enorm an Charakter und Tiefe gewinnen können.
Das teuerste Glas Wein der Welt: Es gibt Weine, die durch ihre Lagerung astronomische Preise erzielen. Eine Flasche Château Margaux 1787 soll einmal für über 200.000 Dollar gehandelt worden sein – doch der Käufer konnte den Wein nicht einmal probieren, da die Flasche kurz nach dem Kauf zerbrach.
Ein Weinkeller im Meer?: Einige Winzer experimentieren mittlerweile mit der Lagerung von Wein unter Wasser. Durch die konstante Temperatur und die Dunkelheit wird der Wein langsamer und gleichmäßiger gereift. Die Ergebnisse sind beeindruckend – und die Flaschen sehen mit ihrer Muschel- und Algenbedeckung dazu auch noch spektakulär aus.
5. Fazit: Lagerung kann, aber muss nicht immer helfen
Die Lagerung von Wein ist eine Kunst für sich. Einige Weine blühen mit den Jahren erst richtig auf und entwickeln ihre volle Pracht, andere verlieren an Frische und Lebendigkeit. Wer sich unsicher ist, ob ein Wein lagerfähig ist, kann sich im Fachhandel beraten lassen oder bei Winzern direkt nachfragen. Eines steht fest: Der richtige Wein, unter den idealen Bedingungen gelagert, kann tatsächlich zu einem noch größeren Genuss werden. Doch es gilt: Nicht jede Flasche sollte für Jahre im Keller verschwinden. Manchmal ist der beste Moment, einen Wein zu genießen, genau jetzt.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen
Was können wir für Sie tun?