Aglianico, oft als "Barolo des Südens" bezeichnet, ist eine der edelsten Rotweinrebsorten Italiens. Die Traube, die in Süditalien beheimatet ist, erfreut sich wachsender internationaler Anerkennung für ihre Fähigkeit, kräftige, langlebige und komplexe Weine hervorzubringen. Aglianico wird vor allem in den Regionen Kampanien und Basilikata, aber auch in Apulien angebaut, wo die vulkanischen Böden und das mediterrane Klima optimale Bedingungen für ihren Anbau bieten. In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die Herkunft, die charakteristischen Merkmale, die Anbaugebiete sowie die Weinbereitung und das Alterungspotenzial dieser außergewöhnlichen Rebsorte.
Herkunft und Geschichte
Der genaue Ursprung der Aglianico-Traube ist bis heute nicht vollständig geklärt, doch es wird angenommen, dass sie von den alten Griechen nach Süditalien gebracht wurde, möglicherweise während der Kolonialisierung der Region im 8. Jahrhundert v. Chr. Der Name "Aglianico" leitet sich vermutlich vom griechischen "Ellenico" ab, was "griechisch" bedeutet, und im Laufe der Jahrhunderte zu Aglianico verändert wurde.
Obwohl die Traube seit Jahrtausenden in Süditalien wächst, erlebte sie in der Moderne erst in den letzten Jahrzehnten eine Renaissance. Durch die Fortschritte in der Weinbereitung und den verstärkten Fokus auf Qualitätsproduktion hat Aglianico nun auch international den Ruf erlangt, der ihrem Potenzial gerecht wird.
Terroir: Die Bedeutung der Anbaugebiete
Aglianico wird vor allem in zwei Regionen angebaut: Kampanien und Basilikata. Innerhalb dieser Regionen gibt es spezifische Appellationen, die besonders für ihre Aglianico-Weine bekannt sind.
Taurasi (Kampanien)
Die DOCG Taurasi, benannt nach der gleichnamigen Stadt, ist das bekannteste Anbaugebiet für Aglianico. Die Weinberge liegen in den Hügeln der Provinz Avellino, auf einer Höhe von etwa 300 bis 600 Metern über dem Meeresspiegel. Der vulkanische Boden, der reich an Mineralien ist, sowie das relativ kühle Klima mit starken Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht tragen dazu bei, dass die Weine eine herausragende Säure, kräftige Tannine und ein intensives Aromenspektrum aufweisen.
Aglianico del Vulture (Basilikata)
In der Region Basilikata ist das Aglianico del Vulture DOCG das Herzstück des Anbaus. Die Weinberge befinden sich an den Hängen des erloschenen Vulkans Monte Vulture. Ähnlich wie in Taurasi profitieren die Weine hier von den mineralreichen, vulkanischen Böden und der kühlen Bergluft. Aglianico del Vulture-Weine sind bekannt für ihre Eleganz und Komplexität, mit einer ausgeprägten mineralischen Note, die den vulkanischen Ursprung widerspiegelt.
Ampelographie: Die Charakteristika der Rebsorte
Aglianico ist eine spät reifende Rebsorte, die oft erst im späten Oktober oder sogar Anfang November geerntet wird. Diese lange Reifezeit ist entscheidend für die Entwicklung der komplexen Aromen und der kräftigen Tanninstruktur, die für Aglianico-Weine charakteristisch sind.
Die Trauben haben eine dicke Schale, die reich an Tanninen und Anthocyanen (Farbstoffen) ist. Dies führt zu tiefdunklen, fast undurchsichtigen Weinen, die von Natur aus eine hohe Konzentration an Tanninen und Säure aufweisen. Diese Eigenschaften machen Aglianico zu einer Rebsorte mit exzellentem Alterungspotenzial.
Aromenprofil
Junge Aglianico-Weine können oft robust und fast rau wirken, mit dominanten Noten von schwarzen Früchten wie Brombeeren und Pflaumen, ergänzt durch Aromen von Gewürzen, Tabak und Erde. Mit der Reife entwickeln sie jedoch eine bemerkenswerte Komplexität und Eleganz. Sekundäre und tertiäre Aromen wie Leder, Teer, Trüffel, Schokolade und balsamische Noten treten in den Vordergrund. Die Tannine werden im Laufe der Jahre weicher, während die Säure dem Wein Frische und Struktur verleiht, selbst nach Jahrzehnten der Lagerung.
Weinbereitung und Alterungspotenzial
Die Weinbereitung bei Aglianico erfordert Geduld und Fingerspitzengefühl, um das Beste aus der Traube herauszuholen. Aufgrund der intensiven Tannine und der hohen Säure entscheiden sich viele Winzer für eine lange Maischestandzeit, um die Aromen und die Struktur voll auszuschöpfen. Anschließend erfolgt oft eine lange Reifung in Eichenfässern, um den Wein zu zähmen und ihm zusätzliche Komplexität zu verleihen.
Ausbau
Aglianico-Weine werden häufig in großen, alten Eichenfässern oder Barriques ausgebaut, was ihre Tannine abrundet, ohne die natürlichen Aromen zu überdecken. Ein Ausbau von mindestens zwei bis drei Jahren ist typisch, insbesondere bei den DOCG-Weinen aus Taurasi und Aglianico del Vulture. Diese Weine profitieren auch von einer längeren Flaschenreife, und erst nach 5 bis 10 Jahren beginnen sie, ihr volles Potenzial zu entfalten. Einige der besten Aglianico-Weine können problemlos 20 Jahre oder länger reifen.
Stilistiken
Obwohl Aglianico traditionell für seine kräftigen, strukturierten Rotweine bekannt ist, gibt es auch moderne Interpretationen, die auf frühere Trinkbarkeit setzen. Diese Weine sind fruchtbetonter und weniger tanninreich, oft mit kürzeren Reifezeiten im Holz. Zudem wird Aglianico manchmal auch als Rosé vinifiziert, besonders in Kampanien, wo er als frischer und doch komplexer Rosato auf den Markt kommt.
Aglianico und Speisenbegleitung
Aufgrund seiner kräftigen Struktur und intensiven Aromen ist Aglianico ein idealer Begleiter zu herzhaften Gerichten. Traditionell wird er in Süditalien mit Lamm, Wild und Rindfleisch kombiniert, aber auch zu gereiftem Käse wie Pecorino passt er hervorragend. Dank seiner hohen Säure kann er auch mit reichhaltigen Gerichten wie geschmortem Fleisch oder deftigen Pastagerichten mit Tomatensauce glänzen. Aglianico ist zudem eine gute Wahl für Grillgerichte oder Barbecue, da seine Tannine dem Rauch und den intensiven Aromen gut standhalten.
Zukunft der Rebsorte
Während Aglianico in Italien bereits als eine der bedeutendsten Rotweinrebsorten gilt, wächst auch das internationale Interesse an ihr. Der globale Trend hin zu Weinen mit ausgeprägtem Terroir und Charakter hat dazu geführt, dass immer mehr Weinliebhaber und Sommeliers Aglianico entdecken und schätzen. Es gibt auch vermehrt Experimente mit biodynamischem und naturbelassenem Anbau, die das Terroir noch stärker zum Ausdruck bringen sollen.
Ein weiteres vielversprechendes Zeichen ist die steigende Zahl von Winzern außerhalb Italiens, die mit Aglianico arbeiten. In Regionen wie Kalifornien und Australien experimentieren einige Weinmacher mit der Rebsorte, was darauf hindeutet, dass Aglianico das Potenzial hat, auch in anderen Teilen der Welt erfolgreich angebaut zu werden.
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